Kommunale Verankerung und Wertschöpfung
Herr Theel, wie sind unsere Sparkassen kommunal verankert?
Die 43 öffentlich-rechtlichen Mitgliedssparkassen im Ostdeutschen Sparkassenverband (OSV) bieten ihre geld- und kreditwirtschaftlichen Leistungen für insgesamt 10,5 Mio. Einwohner auf einer Fläche von 91.866 km2 an. Damit ist das OSV-Verbandsgebiet so groß wie die Bundesländer Bayern und Hessen zusammen.
In den Vertragsländern Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und Sachsen-Anhalt bestehen 41 Landkreise und 12 kreisfreie Städte, die die kommunale Trägerschaft ihrer Sparkassen selbst oder vereinzelt über kommunale Zweckverbände verantworten. Die wirtschaftliche Entwicklung im jeweiligen Gebiet des kommunalen Trägers zu unterstützen, ist fester Bestandteil des öffentlichen Auftrags der kommunalen Sparkassen. Diese enge Verbundenheit zwischen Sparkassen und Kommunen wird im Verbandsgebiet gelebt und spiegelt sich auch im Verwaltungsrat jeder Sparkasse sowie in der Gremienarbeit des OSV wider.
Welchen gesetzlichen Auftrag erfüllen Sparkassen?
Die Sparkassen verantworten seit über 200 Jahren die ihnen übertragene Aufgabe, in ihrem Geschäftsgebiet die Bildung von Ersparnissen und die finanzielle Vorsorge zu fördern. Auch wenn sich über diese lange Zeit die Produkte und Vertriebswege im Finanzbereich stark verändert haben, sehen sich die Sparkassen weiterhin den Bürgerinnen und Bürgern vor Ort als fachkundige Gesprächspartner verpflichtet.
Mit rund 1.000 mitarbeiterbesetzten Geschäftsstellen zuzüglich SB-Filialen und Einzelstandorten für Geldautomaten sind die OSV-Sparkassen flächendeckend präsent. Sie leisten damit im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung einen wichtigen Beitrag für gleichwertige Lebensverhältnisse im ländlichen Raum, wobei die dünne Besiedlung im OSV-Gebiet mit 114 Einwohner/km2 die Sparkassen vor besondere Herausforderungen stellt. Digitale Prozesse können aber helfen, auch hier guten Service zu gewährleisten.
Inwieweit schaffen Sparkassen vor Ort einen Mehrwert für Region und Menschen?
Über ihre dezentrale Aufstellung erreichen die Sparkassen breite Schichten der Bevölkerung sowie insbesondere die mittelständische Wirtschaft mit ihren Betrieben fern der Zentren. Diese gut ausgeprägte Bürger- und Kundennähe ist für die eigene Geschäftstätigkeit ein unschlagbarer Vorteil, den es zwingend zu erhalten gilt. Nur durch die Kenntnis der regionalen Verwaltungs-, Wirtschafts- und Infrastruktur können die Sparkassen auf Entwicklungen vor Ort reagieren und ihre Kompetenzen einbringen.
Schwerpunkte der Sparkassenleistungen bilden seit jeher Kredite, Geldanlagen und Versicherungen. Längst haben sich die Sparkassen aber in ihrem Wirken ebenso den neuen grundlegenden wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Aufgaben geöffnet. Ein Beispiel ist die Selbstverpflichtung vieler Sparkassen für mehr Nachhaltigkeit und einen wirksamen Klimaschutz. Sparkassen und ihre kommunalen Träger stehen bei diesem globalen Thema partnerschaftlich Seite an Seite und setzen den erforderlichen Transformationsprozess gemeinsam vor Ort um.
Was macht Sparkassen für die Gesellschaft einzigartig?
In der heutigen schnelllebigen Zeit vermitteln die Sparkassen gerade in den ländlichen Gebieten des OSV-Verbandsgebietes Sicherheit, Verlässlichkeit und Zuversicht. Die Menschen kennen ihre Sparkasse und die Sparkasse kennt die Menschen.
Kern dieses besonderen Vertrauensverhältnisses bildet auch die Sparkassenphilosophie, das Gemeinwohl in den Gemeinden, Städten und Landkreisen stetig zu fördern. Die Bereitschaft der Sparkassen, sich bei sozialen und gemeinnützigen Projekten in den Kommunen finanziell zu engagieren, ist unverzichtbar für das Gelingen zahlreicher Initiativen. Ohne das Sponsoring der 43 Sparkassen oder auch der Ostdeutschen Sparkassenstiftung würde vieles an ehrenamtlichem Engagement nicht die verdiente Unterstützung erfahren. Hieran gilt es, weiter zuverlässig festzuhalten.
Sehen Sie Veränderungsbedarf am Sparkassenfinanzsystem?
Die OSV-Sparkassen können ihre gemeinwohlorientierten Ziele nur erreichen, wenn sie wirtschaftlich erfolgreich arbeiten. Von daher sind politische Überlegungen, den gesetzlichen Auftrag der Sparkassen um unternehmensfremde Kriterien zu ergänzen oder deren innere Struktur zu verändern, von vornherein abzulehnen.
Stattdessen ist für die Sparkassen dringend eine Deregulierungsoffensive notwendig. Viel zu enge aufsichtsrechtliche Vorgaben, die für das Sparkassenwesen teilweise gar nicht erforderlich erscheinen, bedürfen dringend der Überprüfung, am besten der Aufhebung. Längst ist es an der Zeit, die geltenden Vorschriften an dem wirklich Notwendigen auszurichten, sich zum Abbau von Vorgaben durchzuringen und damit wieder mehr Luft für das eigentliche Wirken der Sparkassen zuzulassen. Die kommunalen Träger werden hierbei aus eigener Erfahrung jede Unterstützung leisten.
Verantwortung vor Ort verbindet
Beispiel: Giromarktausschöpfung
Die Sparkassen sind im ostdeutschen Finanzmarkt führend. Im Jahr 2023 zählte das OSV-Geschäftsgebiet 54,7 Prozent der Menschen zu seinen Kundinnen und Kunden. Dieser beachtliche Marktanteil zeigt: Viele Menschen haben Vertrauen in die Sparkasse – zumeist über ganze Generationen hinweg. Ohne Sparkasse wäre mancher ländliche Raum ohne Geldautomaten und lokalen Finanzdienstleister.
Giromarktausschöpfung
Die Mehrzahl der Kundinnen und Kunden ist im Besitz eines Girokontos, welches den Ausgangspunkt für weitere Vertriebskontakte bildet. Im Vordergrund des Interesses stehen weiterhin die Bildung von Geldreserven, die Altersvorsorge und das Wohneigentum.
Mit großer Spannung werden daher jährlich die aktuellen Erhebungsdaten zur Marktausschöpfung erwartet.
Kinder & Jugendliche
In der Lebensphase „Kinder“ ist es im Zeitraum 2019 – 2023 gelungen, die Giromarktquote zu halten. Das Alterssegment Ausbildung offenbart eine solide und stabile Kundenbasis auf einem überdurchschnittlichen Niveau. Die ansteigenden bzw. stabilen Quoten zeigen, dass der Zukunftsmarkt „Kinder und Jugendliche“ konsequent und zielstrebig durch die Sparkassen im Osten bearbeitet wird.
Berufsstartphase & Karriere
In der Berufsstartphase konnte seit 2021 ein steigender Trend verzeichnet werden. In der Altersgruppe „Karriere“ liegt die Marktausschöpfungsquote mit 54,7 Prozent exakt im OSV-Gesamtdurchschnitt. Auffallend ist in diesem Alterssegment die sehr hohe Stabilität der Quoten, die über die zurückliegenden fünf Jahre nahezu statisch verläuft.
Etablierung und Ü65
Im Alterssegment „Etablierung“ ist die Giromarktquote seit 2019 zurückgegangen. Seit Bestehen des Ostdeutschen Sparkassenverbandes (OSV) präsentieren sich die Quoten auch aktuell überdurchschnittlich für die Altersgruppe „65 und älter“, allerdings mit einem kontinuierlichen leichten Rückgang.
In der Region, mit der Region, für die Region
Kommunal heißt kundennah
Die Kundennähe ist einzigartig und das Aushängeschild der Sparkasse. Sie entsteht in erster Linie durch die Präsenz vor Ort, aber auch durch die direkte Unterstützung von Kultur-, Sport-, sozialen, Wissenschafts- und Umweltprojekten. Rund 590 Mio. Euro Steuern und 52 Mio. Euro für ihr gesellschaftliches Engagement gaben die ostdeutschen Sparkassen 2023 zurück in die Gesellschaft. Das regionale und kommunale Engagement, die Verankerung mit der Gesellschaft vor Ort ist das Alleinstellungsmerkmal der Marke Sparkasse.
Mit anderen Worten: nah bei den Menschen! Das Herz, das Know-how, der Einsatz der Sparkassen-Finanzgruppe zur Bewältigung von Transformationsprozessen regional, kommunal, lokal – diese Verzahnung schafft Mehrwert. Durch ihre Verpflichtung für das Gemeinwohl der Menschen kommen sie ihrem öffentlich-rechtlichen Auftrag gewissenhaft nach. Sparkassen prägen Heimat, Vielfalt und Identität: „Wir sind kundennah!“
Sparkassen machen den Osten stark
Ostdeutschland ist ein Sparkassen- und Volksbankenland. Die Geschäftsbanken, darunter die Großbanken, sind weniger in der Fläche anzutreffen als in den größeren Städten und Großstädten. Hier sind die Märkte stärker umkämpft. Das veranschaulichen die Marktanteile in der Fläche und in den Ballungszentren der OSV-Mitgliedssparkassen in Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und Sachsen-Anhalt.
Die Sparkassen im OSV-Geschäftsgebiet und ihre kommunalen Träger bilden eine Einheit. Diese Verankerung dient der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung eines Raumes und führt zu sachkundigeren Entscheidungen. Gleichzeitig wird damit die Wettbewerbsfähigkeit gestärkt. Mit Hilfe des Verbundes können auch relativ kleine Sparkassen die ganze Breite von Finanzdienstleistungen neben der Bereitstellung eines Girokontos anbieten. Dies stärkt die enge Beziehung zum Kunden und garantiert den Markterfolg.
Hintergrund: Ostdeutscher Sparkassenverband und ostdeutsche Sparkassen
Der Ostdeutsche Sparkassenverband (OSV) ist per Staatsvertrag zwischen den Bundesländern Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen Anhalt und dem Freistaat Sachsen sowie auf Grundlage der Sparkassengesetze in diesen Ländern der zuständige Sparkassen-Regionalverband für die dort tätigen 43 Sparkassen und ihre kommunalen Träger.
Aufgaben des OSV
Kommunale Verantwortung
Sparkassen sind seit ihrer Gründung vor 150 bis 200 Jahren nicht aus Landkreisen und Städten wegzudenken. Sie sind Kinder der Einführung der kommunalen Selbstverwaltung und des damals rasanten wirtschaftlichen Umbruchs, begleitet von vielfältigen sozialen Problemen.
Zunächst war es das Ziel, durch Sparkassen wenig begüterten Menschen sichere Geldanlagemöglichkeiten für die Wechselfälle des Lebens zu bieten und so Hilfe zur Selbsthilfe zu leisten. Später wurde erkannt, dass Sparkassen auch die mittelständische Wirtschaft mit Krediten unterstützen können und damit einen Beitrag zur regionalen wirtschaftlichen und sozialen Stabilität leisten.
Außerdem ist der Name Sparkasse mit der Einführung des Giroverkehrs für die breite Allgemeinheit verbunden. Aus alldem entwickelte sich kontinuierlich die Aufgabe der Sicherstellung der öffentlichen Daseinsfürsorge im Finanzbereich, die heute gesetzlich als öffentlicher Auftrag fixiert ist.
Kommunal? Genial!
Jede Sparkasse gestaltet ihre Geschäftspolitik vor Ort autonom und verantwortet diese auch allein. Das folgt dem Subsidiaritätsprinzip und den föderalen politischen Strukturen in Deutschland.
Das basiert auf der Erfahrung, dass in den Sparkassen die größte Sachkunde bezüglich der regionalen Gegebenheiten, Erfordernisse und Bedürfnisse besteht.
Wie fast alle deutschen Sparkassen sind auch die ostdeutschen Sparkassen kommunal verankerte, öffentlich-rechtliche Anstalten. Anders als andere öffentlich-rechtliche Anstalten erhalten sie aber weder Geld aus öffentlichen Haushalten noch Beiträge auf Basis gesetzlicher Festlegungen. Sie erwirtschaften die für ihren Betrieb und für Investitionen in die Zukunft erforderlichen Mittel selbst im Wettbewerb mit anderen Kreditinstituten.
Allen Sparkassen gemeinsam ist die garantierte Bereitstellung eines hochmodernen und flächendeckenden Angebots an Finanzdienstleistungen für alle interessierten Bürgerinnen und Bürger, Unternehmen und Selbständigen, Vereine und Initiativen sowie für öffentliche Haushalte. Zusätzlich engagieren sich Sparkassen in ihrem gesellschaftlichen Umfeld. Sie fördern Projekte und Initiativen der Kunst und Kultur, des Sports, der Umwelt, der Bildung und Wissenschaft sowie soziale Initiativen.
OSV-Sparkassen hoch im Kurs
Die professionelle Facharbeit und die konsequent verfolgte Veränderungspolitik haben sich für die Sparkassen ausgezahlt. Seit etwa 20 Jahren zählen die Sparkassen in Ostdeutschland – gemessen an ihrer betriebswirtschaftlichen Effizienz und ihrer Resilienz – innerhalb der deutschen Sparkassen-Finanzgruppe zur Spitzengruppe.
Im Ergebnis sind ostdeutsche Sparkassen weiterhin wettbewerbsstark und vor Ort fest verwurzelt. Sie erfüllen ihren öffentlichen Auftrag trotz sich rasant ändernder Umfeldbedingungen und Anforderungen. Die Nähe zu ihren Kundinnen und Kunden sowie ihre flächendeckende Präsenz sind die Grundlage dafür. Auch für kommende Generationen.